
Biophilia-Effekt – Heilkraft der Natur
Kennst du den Biophilia-Effekt?
Lass uns gemeinsam entdecken, was es mit diesem faszinierenden Effekt auf sich hat und wie die Natur uns helfen kann, unser Wohlbefinden zu stärken.
Was ist der Biophilia-Effekt?
Der Begriff Biophilia geht auf Erich Fromm zurück und kann als Liebe zum Leben oder Liebe zu allem Lebendigen verstanden werden.
Der Biophilia-Effekt wiederum wurde vom amerikanischen Biologen Edward O. Wilson geprägt. Er vertrat die Ansicht, dass wir Menschen eine tiefe Verbindung zur Natur haben, die evolutionär bedingt ist (Wilson, 1986).
Der Biophilia-Effekt beschreibt also unsere Verbindung zur Natur und die positiven Auswirkungen, die diese auf unsere psychische und körperliche Gesundheit hat.
Positive Effekte auf die Psyche
Schon ein kurzer Spaziergang im Wald oder im Park kann eine erstaunliche Wirkung auf unsere Psyche haben.
Studien aus Japan, Europa und den USA haben gezeigt, dass Naturbeobachtungen, Spaziergänge und Bewegung im Freien, sowie Gartenarbeit einen positiven Effekt auf das Stresserleben, auf den Blutdruck und die Herzfrequenz haben (Kondo et al., 2018).
Menschen, die regelmäßig Zeit im Grünen verbringen, leiden weniger an Depressionen und Angstzuständen (vgl. Nguyen et al., 2023). Die natürliche Umgebung fördert Gefühle von Wohlbefinden und Zufriedenheit. Außerdem steigert sie unsere Kreativität und Konzentrationsfähigkeit.
Vielleicht hast du auch schon bemerkt, dass du bei einem Spaziergang klarer denken kannst und neue Ideen hast?
Die Natur bietet uns eine Pause von den Reizen des modernen Lebens, vom ständigen Funktionieren und den Erwartungen unserer Konsum- und Leistungsgesellschaft.
In der Natur können wir abschalten und zur Ruhe kommen, was sich positiv auf unser Nervensystem auswirkt.
Die Natur ist ein wert- und urteilsfreier Raum, wo wir authentisch sein können, ohne Bewertung befürchten zu müssen. Sie lädt uns ein, im Hier und Jetzt zu sein, fördert die Selbstakzeptanz und die achtsame Annahme, dessen was ist.
Natur und körperliche Gesundheit
Nicht nur unsere Psyche, auch unser Körper profitiert von der Natur.
Eine Metastudie (Twohig-Bennett & Jones, 2018) zeigte, dass ein regelmäßiger Aufenthalt in der Natur mit einem geringeren Cortisolspiegel einhergeht, sowie positive Effekte auf Blutdruck, Herzfrequenz, Cholesterienwert und Typ-II-Diabetes hat. Ebenso fühlen sich Menschen, die oft in der Natur sind gesünder, weisen ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Asthma auf. Der Kontakt zur Natur verringert zudem das Risiko für neurologische und krebsbedingte Erkrankungen.
Auch in urbanen Gegenden haben Grünflächen einen positiven Effekt auf die Gesundheit und senken z.B. das Demenzrisiko (Astell-Burt, Navakatikyan & Feng, 2020).
Sogar das Betrachten von Naturbildern, im Vergleich zu städtischen Abbildungen, kann bereits zu einer Verringerung des Stresserlebens und zu einer ruhigen Herzfrequenz führen (Koivisto & Grassini, 2024).
Der Einfluss von Pflanzen und Tieren
Pflanzen und Tiere spielen eine wichtige Rolle beim Biophilia-Effekt.
Zimmerpflanzen verbessern nicht nur die Luftqualität, sondern haben auch eine beruhigende Wirkung auf uns. Sie bringen ein Stück Natur in unsere vier Wände und schaffen eine angenehme Atmosphäre.
Der Kontakt zu Tieren kann ebenfalls unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden verbessern. So konnte eine Metaanalyse die positiven Effekte von tiergestützter Therapie bei unterschiedlichen körperlichen und psychischen Erkrankungen nachweisen (Nimer & Lundahl, 2007). Tiere spenden Trost, reduzieren Stress und fördern soziale Interaktionen (z.B. Charnetski, Riggers & Brennan, 2004; Nose et al., 2022).
Die heilende Kraft der Waldtherapie
Ein besonderer Aspekt des Biophilia-Effekts ist die sogenannte Waldtherapie, auch bekannt als Shinrin Yoku oder Waldbaden. Diese Praxis stammt aus Japan und bedeutet, bewusst Zeit im Wald zu verbringen und die Atmosphäre mit allen Sinnen zu genießen.
Aktuelle Forschungen zeigen, dass Waldbaden nachweislich eine positive Wirkung auf unsere Gesundheit hat. Denn die von Bäumen produzierten Phytonzide (Moleküle, die zur Gruppe der Terpene gehören) steigern unsere Abwehrkräfte und haben eine wachstumshemmende Wirkung auf Tumorzellen (Lew & Fleming, 2024).
Viele Studien zeigen zudem, dass Waldbaden mit einer Verringerung negativer, sich wiederholender Gedanken (Grübeln) verbunden ist und das Selbstmitgefühl stärkt. Die Studien stellten auch Vorteile des Waldbadens für Wohlbefinden, Selbstbeobachtung und Achtsamkeit fest (Szitás et al., 2024).
Der Wald stärkt also unser Immunsystem und hat eine positive Wirkung auf unsere Psyche.
Natur und soziale Verbundenheit
Die Natur hat auch die Fähigkeit, Menschen zusammenzubringen. Gemeinsame Aktivitäten im Freien, wie Wandern, Picknicken oder Gärtnern, stärken soziale Bindungen und fördern das Gemeinschaftsgefühl. In der Natur fühlen wir uns oft weniger gestresst und sind offener für Gespräche und Interaktionen.
Natur in den Alltag integrieren
Hier sind ein paar Ideen, wie wir den Biophilia-Effekt in unseren Alltag integrieren können:
- Regelmäßige Spaziergänge: Einen Spaziergang im Park oder im nahegelegenen Wald unternehmen. Schon 30 Minuten können einen Unterschied machen.
- Zimmerpflanzen: Hol dir ein paar Pflanzen ins Haus oder ins Büro. Sie verbessern nicht nur die Luftqualität, sondern auch die Stimmung.
- Gartenarbeit: Wenn du einen Garten hast, nutze die Zeit im Freien, um zu pflanzen und zu pflegen. Auch ein kleiner Balkon oder ein Fensterbrett kann begrünt werden.
- Natur-Ausflüge: Regelmäßig Ausflüge in die Natur planen. Ob Wandern, Radfahren oder ein Picknick – diese Auszeiten sind gut fürs Wohlbefinden.
- Tierische Gesellschaft: Ob Wildtierbeobachtungen, Mithelfen im Tierschutz, eine Tierpatenschaft übernehmen, Pflegestelle werden oder ein Tier adoptieren – es gibt viele Möglichkeiten Tieren nahe zu sein.
- Meditation im Freien: Setze dich in einen Park, an einen Baum oder ans Wasser und richte deine Aufmerksamkeit auf die Naturgeräusche, Gerüche und Empfindungen.
- Die Jahreszeiten beobachten: Nimm dir regelmäßig bewusst Zeit, um den Wandel der Jahreszeiten wahrzunehmen – Farben, Pflanzen, Lichtverhältnisse und Temperaturveränderungen.
- Barfußlaufen: Spüre den natürlichen Boden unter deinen Füßen, ob auf Gras, Sand oder Waldboden. Das stärkt die Verbindung zur Natur und erdet dich.
- Kleine Details entdecken: Gehe mit neugierigem Blick spazieren. Achte z.B. auf die Muster von Blättern, das Verhalten von Tieren und Insekten oder das Spiel des Lichts in der Baumkrone.
- Naturklänge im Alltag: Öffne öfter das Fenster, höre bewusst dem Vogelgesang oder dem Regen zu. Oder nutze Naturklang-Playlists beim Entspannen oder Arbeiten.
Fazit
Der Biophilia-Effekt verdeutlicht uns, wie wichtig die Verbindung zur Natur für uns ist.
Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass diese Verbundenheit immer wichtiger für uns wird, wenn wir uns selbst und diesen Planeten heilen wollen.
Wir verbringen oft den Großteil unserer Zeit in geschlossenen Räumen und vergessen dabei, dass wir ein Teil der Natur sind. Die Natur erinnert uns daran, dass es eine Realität gibt, in der berufliche Leistungen, gesellschaftliche Erwartungen und Aussehen keine Rolle spielen und daran, wer wir sind: ein Teil von einem großen Ganzen.
Die Natur ist unser Zuhause, wir sollten ihr achtsam und fürsorglich begegnen und den Schutz von Natur und Tieren ernst nehmen. Denn Naturzerstörung ist Selbstzerstörung.
Indem wir unsere Verbundenheit mit der Natur achtsam gestalten, können wir von der Heilkraft der Natur profitieren. Also, schnapp dir die Wanderschuhe oder pflanze ein paar Blumen – die Natur wartet darauf, dir gutzutun!
Literatur:
Astell-Burt, T., Navakatikyan, M. A., & Feng, X. (2020). Urban green space, tree canopy and 11-year risk of dementia in a cohort of 109.688 Australians. Environment International, 145. doi: 10.1016/j.envint.2020.106102
Charnetski, C. J., Riggers, T., & Brennan, F. X. (2004). Effect of petting a dog on immune system. Function. Psychological Reports, 95(3), 1087-1091. doi: 10.2466/pr0.95.3f.1087-1091
Lew, T., & Fleming, K. J. (2024). Phytoncides and immunity from forest to facility: A systematic review and meta-analysis. Pharmacological Research, 4. doi: 10.1016/j.prenap.2024.100061
Koivisto, M., & Grassini, S. (2024). The restorative effects of mental imagery of nature: A study on subjective and physiological responses. Journal of Environmental Psychology, 96. doi: 10.1016/j.jenvp.2024.102346
Kondo, M. C., Jacoby, S. F., & South, E. C. (2018). Does spending time outdoors reduce stress? A review of real-time stress response to outdoor environments. Health & Place, 51, 136-150. doi: 10.1016/j.healthplace.2018.03.001
Nguyen, P.-Y.,Astell-Burt, T.,Rahimi-Ardabili, H., & Feng, X. (2023). Effect of nature prescriptions on cardiometabolic and mental health,and physical activity: a systematic review. The Lancet Planetary Health, 7(4), 313-328. doi: 10.1016/S2542-5196(23)00025-6
Nimer, J., & Lundahl, B. (2007). Animal-assisted therapy: A meta-analysis. Anthrozoös, 20, 225-238. doi: 10.2752/089279307X224773
Nose, I. et al. (2022). The effect of interaction with a dog on heart rate: Variability based on lorenz plot analysis. Human Animal Interaction Bulletin, 10(1), 84-99. doi: 10.1079/hai.2022.0004
Szitás, D., Halamová, J., Ottingerová, L., & Schroevers, M. (2024). The effects of forest bathing on self-criticism, self-compassion, and self-protection: A systematic review. Journal of Environmental Psychology, 97. doi: 10.1016/j.jenvp.2024.102372
Twohig-Bennett, C., & Jones, A. (2018). The health benefits of the great outdoors: A systematic review and meta-analysis of greenspace exposure and health outcomes. Environmental Research, 166, 628-637. doi: 10.1016/j.envres.2018.06.030
Wilson, E. O. (1986). Biophilia. The human bond with other species. Harvard University Press, Cambridge.


Das könnte dich ebenfalls interessieren

Ein Kommentar
Pingback: