
Grübeln stoppen
Jede:r kennt es: belastende Gedanken, die sich endlos im Kopf drehen. Wir machen uns Sorgen, fragen uns was andere über uns denken, ob eine Entscheidung die Richtige war, oder sind geplagt von Selbstzweifeln.
Häufiges Grübeln und sich übermäßiges Sorgen, können zu einer psychischen Belastung werden. Grübeln lähmt, raubt Energie und gefährdet das emotionale Gleichgewicht. Doch es gibt Wege, diesen Gedankenkreisen zu entkommen. Im Folgenden zeige ich dir alltagstaugliche Techniken, wie du das Grübeln stoppen und dein Leben wieder mit mehr Gelassenheit gestalten kannst.
Was ist Grübeln überhaupt?
Grübeln ist das wiederholte, oft zwanghafte Nachdenken über Probleme oder Herausforderungen, ohne dabei eine Lösung zu finden. Im Gegensatz zum konstruktiven Nachdenken, das zu Erkenntnissen führen kann, ist Grübeln meist negativ behaftet. Es verstärkt Ängste, verschlechtert die Schlafqualität und begünstigt Depressionen.
Um mit dem Grübeln besser umgehen zu können, ist es hilfreich, eine gesunde und losgelöste Einstellung zu den eigenen Gedanken zu entwickeln. Dabei geht es nicht darum belastende Gedanken zu verdrängen. Sondern sie wahrzunehmen, aber sich bewusst von ihnen zu distanzieren und sich klarzumachen, dass Gedanken nur ein Teil von uns sind und wir entscheiden können, welchen Einfluss sie auf unser Fühlen und Handeln haben.
Achtsamkeit statt Autopilot
Grübelgedanken kommen meist automatisch. Achtsamkeit kann helfen, diese automatischen Gedanken zu durchbrechen. Achtsamkeit bedeutet, den Moment bewusst und ohne Bewertung wahrzunehmen. Hier sind zwei Übungen dazu:
Achtsames Atmen: Setz dich täglich für 5-10 Minuten ruhig hin, schließe die Augen und konzentriere dich nur auf deinen Atem. Wenn Gedanken auftauchen, nimm sie wahr, lass sie los und komme wieder zu deinem Atem zurück.
Gedanken loslassen: Abends im Bett, wenn keine Ablenkung mehr vorhanden ist, kommen Grübelgedanken besonders gerne. Dann kann es helfen sich einen Fluss vorzustellen, auf dem heruntergefallene Herbstblätter schwimmen. Jeder aufkommende Gedanke wird auf eines der Blätter gelegt und schwimmt mit der Strömung des Flusses davon.
Variante: Statt dem Fluss, kannst du dir auch den Himmel vorstellen und jeder Gedanke ist eine Wolke, die vorbeizieht.
DNA-Methode
Die DNA-Methode ist eine einfache, aber wirksame Technik um Grübeln zu stoppen und den Gedanken bewusst eine neue Richtung zu geben.
D = Distanzieren: Erkenne, dass du dich gerade im Grübeln verlierst.
N = Neuausrichten: Lenke deine Aufmerksamkeit bewusst auf etwas anderes.
A = Attraktiveres wählen: Beschäftige dich mit einer Tätigkeit, die dir Freude macht.
Gedanken-Stopp-Technik
Wenn du dich beim Grübeln ertappst, kannst du auf eine bewährte verhaltenstherapeutische Technik zurückgreifen – sag dir selbst (innerlich oder laut): Stopp!
Kombiniert mit einer körperlichen Geste, wie einem Fingerschnippen oder Klatschen wird der Effekt verstärkt. Dadurch wird der Gedankenfluss unterbrochen und du kannst deine Aufmerksamkeit neu ausrichten. Hier ein paar Ideen zu dieser Technik:
- Den belastenden Gedanken ein Stopp! oder Genug! befehlen.
- Laut Stopp! sagen und dabei kräftig in die Hände klatschen.
- Mit einem besonderen, oder selbst ausgedachten Wort die schlechten Gedanken unterbrechen, z.B. Sternenzeltzauberei.
- Ein Gummiband am Handgelenk tragen und kräftig daran ziehen, wenn belastende Gedanken auftauchen.
- Dreimal tief ein und ausatmen und von 20 rückwärts zählen.
Grübelzeit planen
Statt das Grübeln zu verbannen, gib ihm Raum – aber begrenzt. Lege dir eine tägliche Grübelzeit fest, z. B. 10 Minuten am Abend, stell dir einen Timer und halte dich an den Zeitraum. Zusätzlich kannst du während dieser Zeit deine Gedanken aufschreiben, das reduziert den inneren Druck. Außerhalb dieser Zeit sagst du dir bewusst: Jetzt nicht, darüber denke ich später nach.
Aktive Problemlösung
Grübeln suggeriert oft, wir müssten nur weiterdenken, bis die Lösung kommt. Doch das Gegenteil ist oft der Fall. Daher mach dir klar: Was genau ist das Problem? Welche Lösungsansätze gibt es? Was liegt in meiner Kontrolle? Nutze hierfür die 3-Schritte-Methode:
- Problem benennen
- Lösungsmöglichkeiten aufschreiben
- Konkret eine Maßnahme auswählen und umsetzen
Versuche Dinge, die außerhalb deiner Kontrolle liegen, loszulassen.
Gedanken aufschreiben
Das sogenannte Journaling hilft, um Gedanken zu sortieren. Statt sie kreisen zu lassen, bring sie auf Papier. Nimm dir dafür morgens oder abends 10-15 Minuten Zeit und schreibe deine Gedanken auf. Dabei kannst du z.B. folgende Fragen beantworten:
- Was beschäftigt mich gerade?
- Was kann ich aktiv zur Bewältigung tun?
- Was darf ich loslassen?
Einen Realitätscheck machen
Eine weitere Technik, aus der kognitiven Verhaltenstherapie, kann dabei helfen Grübelgedanken zu relativieren. Grübeln basiert oft auf Annahmen und nicht auf Fakten. Wir sollten unseren Gedanken nicht immer glauben – daher frage dich:
- Ist dieser Gedanke wirklich wahr?
- Könnte es auch eine andere Erklärung geben?
- Welche Gefühle löst dieser Gedanke in mir aus?
- Ist dieser Gedanke hilfreich für mich?
Bewegung – der natürliche Gedankenstopper
Körperliche Aktivität bringt nicht nur den Körper, sondern auch den Geist in Bewegung. Schon ein Spaziergang kann helfen, das Gedankenkarussell zu verlangsamen. Denn körperliche Bewegung erhöht den Serotoninspiegel, den natürlichen Gegenspieler negativer Gedanken.
Welche Formen der Bewegung helfen dir?
Hier ein paar Ideen: Tanzen zum Lieblingssong, einen Yoga (Online-)Kurs machen, Fahrrad fahren, joggen, ins Fitnessstudio gehen oder Vereinssport machen…
Raus aus dem Kopf, rein in den Körper
Sich mit allen Sinnen auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren, kann helfen aus dem Kopf raus zu kommen und im Hier und Jetzt zu sein. Lenke dafür deine Aufmerksamkeit gezielt auf deine körperlichen Empfindungen und deine Umgebung. Hier drei Übungen dazu:
Hier & Jetzt: Nimm den gegenwärtigen Moment wahr, spüre deinen Körper, spüre den Boden unter deinen Füßen, höre die Geräusche deiner Umgebung, nehme Gerüche und all deine Körperempfindungen bewusst wahr.
Body Scan: Gehe gedanklich durch einen Körper, von den Füßen bis zum Kopf, und spüre in jeden Bereich hinein, ohne zu bewerten, nur wahrnehmen.
5-4-3-2-1-Methode:
Beobachte dich selbst und deine Umgebung und nenne…
5 Dinge, die du sehen kannst,
4 Dinge, die du hören kannst,
3 Dinge, die du fühlen kannst,
2 Dinge, die du riechen kannst und
1 Sache, die du schmecken kannst.
Soziale Unterstützung
Sprich mit jemandem über das, was dich belastet.
Manchmal genügt schon ein Perspektivwechsel durch eine andere Person, um das Grübeln zu stoppen. Wähle dafür Menschen, denen du vertraust und die zuhören können, ohne zu bewerten.
Selbstmitgefühl entwickeln
Grübeln geht oft mit Selbstkritik und Selbstvorwürfen einher.
Frage dich daher: Wie würde ich mit einer geliebten Person sprechen, die so denkt wie ich gerade?
Behandle dich selbst mit dem gleichen Mitgefühl. Du darfst überfordert, ratlos oder traurig sein und trotzdem freundlich zu dir selbst sein.
Professionelle Hilfe in Betracht ziehen
Wenn das Grübeln deinen Alltag einschränkt, mit Ängsten oder Depressionen einhergeht, kann psychotherapeutische Unterstützung sinnvoll sein. Kognitive Verhaltenstherapie und achtsamkeitsbasierte Ansätze können dabei besonders wirksam sein.
Fazit
Grübeln ist ein weit verbreitetes Phänomen und fühlt sich oft wie ein Automatismus an, aber du kannst lernen, die Kontrolle zurückzugewinnen.
Die vorgestellten Methoden bieten dir Werkzeuge, um achtsamer, klarer und gelassener mit deinen Gedanken umzugehen. Nimm dir Zeit, verschiedene Methoden auszuprobieren und finde heraus, was für dich am besten funktioniert. Mit der Zeit wird es dir gelingen, schneller aus dem Gedankenkarussell auszusteigen und den Moment wieder mehr zu genießen. Es geht nicht darum, Gedanken zu verdrängen oder weniger zu denken – sondern darum, den Gedanken wieder ganz bewusst Raum und Richtung zu geben.
Erinnerung zum Mitnehmen: Du musst nicht alles lösen. Manchmal reicht es, loszulassen.
Zum Weiterlesen:
Dein quälendes Gedankenkarussell von Johannes Freitag
Positives Denken - Die Quelle des Glücks und inneren Friedens von Anja Herren
Der achtsame Weg durch die Depression von Mark Williams et al.
Die Macht der guten Gefühle von Barbara L. Fredrickson

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